Romano Guardini: Vom Leben des Glaubens. Topos 2009

Weitere Schriften von Romano Guardini gibt es hier.

Der Glaube ist Geschenk und er ist Tat – er kommt von Gott und er kommt vom Mensch. Weil er nicht nur göttliche Gnade ist, sondern in der Seele empfangene und umgesetzte Gnade, gibt es ein Leben des Glaubens, nach dem schönen Wort Romano Guardinis.

Wie geht glauben (der menschliche Teil)?

Ich muß Gott lieben, um lebendig glauben zu können, daß ich von ihm geliebt werde; muß wenigstens den Anfang der Liebe haben; wenigstens das Verlangen danach, es möchte mir geschenkt werden, daß ich ihn lieben könne. Und in dem Maße kann ich lebendig glauben, ein von Gott Geliebter zu sein, als ich selbst ein Gott Liebender werde.
Nun verstehen wir wohl besser, was der Glaube ist: Bewußtsein von heiliger Wirklichkeit, aber so, daß mein Dasein aus ihr her und auf sie hin besteht. Bewußtsein von Wirklichkeit und Dasein, aber darin, daß dieses Dasein geschieht, gelebt wird. Ich kann nur glauben, wenn ich christlich da bin ich bin christlich da, im Maße ich christlich lebe… dieses Leben aber besteht zu einem guten Teil selbst im Glauben, denn der Glaube ist ja das lebendige Bewußtsein dieses Daseins also lebe ich um so mehr, je tiefer ich glaube und wieder schließt sich der Ring.
So ist Glauben nicht starr, sondern lebendig; nicht fertig, sondern beständig werdend; nichts Sicheres, sondern immerfort neu zu vollziehen.

– Romano Guardini: Vom Leben des Glaubens. Grünewald 1935, S. 72

Gibt es Menschen, die besser als andere glauben können? Ist man zum Glauben wesensmäßig vorbestimmt oder daran gehindert?

Und sollte es zutreffen, daß die religiöse Veranlagung bestimmte individuelle oder gesellschaftliche Voraussetzungen hat; daß unter gewissen kulturellen Einflüssen die religiöse Berührbarkeit ab- nimmt oder verschwindet; sollte es wirklich den Menschen geben, der von Veranlagung her des,, Heiligen“ gar nicht zu bedürfen scheint – dann müssen wir uns vergegenwärtigen, daß die letzte Entscheidung Gott gegenüber quer durch alles Begabt- und Veranlagtsein hindurchgeht, vielleicht von außen her gar nicht festzustellen; vielleicht nicht einmal dem Betreffenden selbst als solche und in ihrer christlichen Bedeutung ganz bewußt: vom nackten Menschen-Selbst zu Gott.

– Romano Guardini: Vom Leben des Glaubens. Grünewald 1935, S. 122




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