Stefan Wyszyński: In Finsternis und Todesnot. Notizen und Briefe aus der Gefangenschaft. Herder 1983

Nicht wenigen Christen ist eine zweite Berufung aufgestülpt worden: die Mission, Gefangene Christi zu sein. Als dessen Gesandter bin ich in Ketten, damit ich in ihm freimütig zu reden vermag, wie es meine Pflicht ist – so erging es schon Paulus (Epheser 6,20).

Kardinal Stefan Wyszynski, Polens großer Märtyrerbischof („dry martyr“, würde Fulton Sheen sagen, Märtyrer ohne Blut), hat den Kampf gekämpft und bestanden. Zusammen mit dem Kroaten Alois Stepinac und dem Vietnamesen Van Thuan ist er einer der großen christlichen Zeugen unter kommunistischer Gewaltherrschaft.

Seine Gefangenschaftsjahre sind die Quelle bedeutender, klarer Briefe und Schriften, oft seltsam unberührt von seinen Quälgeistern, die ihm zu der langen geistlichen Einkehr verhelfen. Das Gefängnis ist seine Mission:

Deutlich sehe ich, daß der im jetzigen Moment des Lebens der Kirche für mich passendste Ort das Gefängnis ist.

Stefan Kardinal Wyszynski, In Finsternis und Todesnot. Notizen und Briefe aus der Gefangenschaft, Herder 1983, S. 32

Die größte Unbekannte des Menschen ist sein Herz. Es ist so wunderbar, daß selbst Gott darum wirbt. So stark, daß es der Liebe des Allmächtigsten widerstehen kann. So klein, daß sich nicht nur eine Schwäche in seinen Netzen verfängt. Es ist so groß, daß es das ganze Glück und die Ordnung zerstören kann. So treu, daß selbst wiederholte Untreue ihm nichts anhaben kann. So naiv, daß es an jedem ausgelegten Zucker klebenbleibt. So voluminös, daß es in sich alle Widersprüche aufnehmen kann. Und das fast in jedem Menschen und in jedem Augenblick … Aber der Mensch ist noch hundertmal mächtiger, denn er kann über das Herz herrschen. Und Gott – nur er allein kennt die Wege zu dem geheimnisvollen Herzen. Der Mensch hat damals auf dem Kreuz das Gottesherz geöffnet, um sein „Vorhaben“ zu erkennen – cogitationes.

– Stefan Kardinal Wyszynski, In Finsternis und Todesnot. Notizen und Briefe aus der Gefangenschaft, Herder 1983, S. 85

„Der Purpur der Kirche, welchen Du begehrst, ist der Purpur Christi vor Pilatus … Auf Dir wir die Pflicht lasten, ihn zu tragen!“ sagte Papst Honorius zu dem Jungen Leon (Gertrud von Le-Fort: Der Papst aus dem Ghetto). Das erste purpurne Birett hat Christus getragen, als man ihm die Krone mit den 70 Dornen auf sein heiliges Haupt preßte. Mein Birett ist nur ein Symbol des blutüberströmten Jesus Christus. Der erste Purpurmantel war Ausdruck des Hohnes der Soldaten. Wie das Kreuz Christi zur Ehre der Kirche gereichte, so gereicht auch sein Purpurmantel zur Ehre seiner Söhne. Aber er hört nicht auf, das Symbol des Blutes Christi zu sein. Meinen Purpurmantel, der mir vom polnischen Klerus in Rom geschenkt wurde, hat Minister Bida als Utensil für da Theater benutzt, um damit Schauspieler zu kostümieren, die Kardinäle verhöhnen.

Stefan Kardinal Wyszynski, In Finsternis und Todesnot, 261



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