C. S. Lewis: Dienstanweisung für einen Unterteufel. Herder 2015

Grandios, überwältigend und unübertroffen kenntnisreich im Irrgarten der Befangenheit und Freiheit des Menschen zwischen Gottes Gnade und den Einflüsterungen der Dämonen.

Es spricht: der Teufel. (Er schreibt seinem in den Verführungskünsten der Dunkelheit wenig begabten Neffen.)

Gib ihm vielmehr die großartige, allgemeine Auffassung, er wisse alles, und alles, was er im zufälligen Gespräch oder durch gelegentliches Lesen aufgeschnappt habe, sei das »Ergebnis der neuesten Forschung«. Denke daran: Du bist dazu da, Deinen Patienten zum Narren zu halten. Wenn man aber einige von euch jungen Unholden reden hört, so könnte man meinen, es sei unsere Sache, die Menschen zu lehren!

– Lewis, Dienstanweisung für einen Unterteufel, Herder 2015, S. 14 f.

Nun hast Du aber versucht, Deinen Patienten über den Weg der Weltlichkeit zur Verdammnis zu führen, das heißt, indem Du ihn durch Eitelkeit, Vielgeschäftigkeit, Ironie und als Vergnügen getarnte kostspielige Langeweile an der Nase herumführtest. Wie war es Dir nur möglich, zu übersehen, dass eine wirkliche Freude das Letzte ist, was er hätte erleben dürfen? Konntest Du nicht voraussehen, dass sie durch den Gegensatz den ganzen Schwindel, den zu schätzen Du ihm mit so viel Mühe beigebracht hast, erledigen würde? Und dass die Art von Vergnügen, wie sie ihm das Buch und der Spaziergang bereiteten, die gefährlichste war von allen? Dass sie die ganze Kruste, die Du um sein Empfindungsvermögen gelegt hast, auflösen würde, sodass er sich fühlen musste wie einer, der zu sich selbst kommt, der sich selbst wieder findet? Um ihn vom Feinde zu lösen, musstest Du ihn vor allem von sich selbst lösen, und darin hattest Du auch gute Fortschritte gemacht. Jetzt aber ist alles umsonst.

– Lewis, Dienstanweisung für einen Unterteufel, Herder 2015, S. 98 f.

Nun ist aber die Philosophie des Feindes nichts mehr und nichts weniger als ein fortwährender Versuch, dieser ganzen selbstverständlichen Wahrheit auszuweichen. Er zielt auf einen Widerspruch. Es sollen viele Dinge sein und doch irgendwie nur eines. Das Gut des einen Ich soll auch das Gut des andern Ich sein. Diese Unmöglichkeit nennt Er Liebe, und dieses selbe, langweilig-einförmige Wundermittel kann man in allem entdecken, was Er tut und sogar was Er ist – oder zu sein vorgibt. Deshalb ist Er, ja Er selbst, nicht zufrieden damit, eine reine arithmetische Einheit zu bilden; Er behauptet nämlich, Drei so gut wie Einer zu sein, damit dieser Unsinn von der Liebe in seiner eigenen Natur eine Grundlage findet. Am andern Ende der Stufenleiter führt Er in die Materie jene abgeschmackte Erfindung, den Organismus, ein, in dem die Teile ihrer natürlichen Bestimmung der gegenseitigen Konkurrenz entfremdet und auf Zusammenarbeit angelegt sind.

– Lewis, Dienstanweisung für einen Unterteufel, Herder 2015, S. 134 f.

Du hättest eigentlich wissen können, dass er das schließlich immer wieder tut, und darum hättest Du mit Deinen Angriffen beizeiten einhalten sollen. So wie die Dinge stehen, hat Dein Mann die gefährliche Wahrheit erkannt, dass diese Angriffe nicht ewig dauern werden. Folglich wird es Dir nicht mehr länger möglich sein, mit unserer besten Waffe vorzugehen, dem Glauben der unwissenden Menschen, es gebe keine Hoffnung, uns auf andere Weise loszuwerden als durch Kapitulation.

– Lewis, Dienstanweisung für einen Unterteufel, Herder 2015, S. 149

Der Gedanke daran macht mich rasend. Wie gut weiß ich doch, was in dem Augenblick geschah, als sie ihn Dir entrissen! Es war, wie wenn ihm plötzlich die Augen aufgegangen wären (oder war es nicht so?), als er Dich zum ersten Mal sah und die Rolle erkannte, die Du in seinem Leben gespielt hattest, und wusste, dass das vorüber sei. Überdenke (und lass das den Anfang Deiner Pein sein), was er in jenem Augenblick empfand! Als sei der Schorf von einer alten Wunde abgefallen, als sei er von einem abscheulichen, schuppenartigen Hautausschlag befreit worden, als habe er ein schmutziges, nasses, am Leibe klebendes Gewand ein für allemal abgestreift. Bei der Hölle! Es ist Qual genug, sie in ihren Erdentagen beobachten zu müssen, wie sie ihre beschmutzten und unangenehmen Kleider ausziehen und, während sie im heißen Wasser planschen, grunzende Laute des Vergnügens von sich geben – ihre erleichterten Glieder strecken. Was erst bedeutet dieses letzte Abstreifen und diese vollständige Reinigung!

– Lewis, Dienstanweisung für einen Unterteufel, Herder 2015, S. 234