Hl. Johannes vom Kreuz: Worte von Licht und Liebe. Briefe und kleinere Schriften. Herder 1996

Johannes vom Kreuz gehört zu den ersten und größten jener überragenden mystischen Schriftsteller (und Heiligen), die der Karmel hervorgebracht hat – davon hier mehr.

Neben seinen berühmten Werken über Die dunkle Nacht und den Aufstieg auf den Berg Karmel sind die Briefe unbekannt geblieben. Tatsächlich gehören sie aber die schönsten Perlen des Heiligen und dürfen hier in einigen Zitaten widerklingen:

Ihre Seele hänge sich an nichts, denn da ja das Beten nicht fehlt, wird Gott schon für sein Eigentum sorgen, denn sie gehören ja keinem anderen Herrn und sollen auch keinem anderen gehören. Das sehe ich an mir selbst: Jemehr die Dinge mir gehören, desto mehr habe ich meine Seele und mein Herz und meine Sorge in ihnen; denn das Geliebte eint sich mit dem, der es liebt, und so macht es Gott mit dem, der ihn liebt. Darum kann man jenes nicht vergessen, ohne die eigene Seele zu vergessen; ja man vergißt sogar die eigene Seele um der geliebten willen, denn mehr lebt man in der geliebten als in sich.

– Johannes vom Kreuz, Worte von Licht und Liebe, S. 45

Es ist nämlich unmöglich, daß das Empfindungsvermögen zur Zärtlichkeit und Wonne der gottgewirkten Einung gelangen oder die süßen und liebevollen Umarmungen Gottes beantworten und fühlen kann, außer im Leer­ und Ledigsein von jedem Streben nach einem besonderen Wohlgeschmack, sei dieser der von oben oder von unten; das nämlich wollte David sagen, als er sprach: Dilata os tuum, et implebo illud, d. h. Tu deinen Mund auf, und ich werde ihn füllen (Ps 81, 11). […] Damit es dem Menschen gelingt, zu Gott zu gehen und sich mit ihm zu verbinden, muß er den Mund seines Willens und Empfindens nur auf Gott selbst hin offen halten, leer und enteignet von jedem Brocken eines Bestrebens, damit Gott ihn mit seiner Liebe und Süße weit macht und erfüllt; und es muß der Mensch in diesem Zustand des Hungerns und Dürstens nach Gott allein verbleiben, ohne sich mit etwas anderem befriedigen zu wollen; denn hier kann er Gott nicht verkosten, wie er ist; und das, was man verkosten kann, wenn es ein Streben danach gibt, das, so sage ich, hindert ihn sogar daran. Dies lehrte Jesaja mit der Aussage: Ihr alle, die ihr dürstet, kommt zum Wasser, usw. (55, 1).

– Johannes vom Kreuz, Worte von Licht und Liebe, S. 53

Wie viele von deinen Reichtümern legst du in den hinein, der nur dich liebt und an dir Geschmack findet, denn du gibst ihm dich selbst und machst ihn eins mit dir durch Liebe und darin gibst du ihm das zu verkosten und zu lieben; was der Mensch am meisten in dir will und ihm Nutzen bringt. Aber da es angemessen ist, daß uns ebenso wenig das Kreuz fehlt wie unserem Geliebten, selbst bis zum Tod aus Liebe, ordnet er unsere Leiden in der Liebe nach dem, was wir am meisten lieben, damit wir größere Opfer bringen und größeren Wert haben. Doch all das ist kurz, denn alles geht nur bis zum Erheben des Messers und dann bleibt Isaak am Leben, mit dem Verspreche einer zahlreichen Nachkommenschaft (Gen 22,1-18).

– Johannes vom Kreuz, Worte von Licht und Liebe, S. 45

… daß sie aus dem ersten Geist Nutzen ziehen sollen, den Gott am Anfang gibt, um den Weg der Vollkommenheit auf ganz neue Weise in aller Demut und innerlicher und äußerlicher Gelassenheit einzuschlagen, nicht mit kindischem Gemüt, sondern mit entschiedenem Willen daß sie sich weiterhin bemühen sollen, dem alten Menschen zu sterben und Buße zu tun, indem sie zustimmen, daß dieser Christus sie etwas kostet, und nicht seien wie die, die in Gott oder außerhalb von ihm ihre Bequemlichkeit und ihren Trost suchen, sondern in Gott und außerhalb von ihm um seinetwillen leiden, in Stille, Hoffnung und liebendem Gedenken …

– Johannes vom Kreuz, Worte von Licht und Liebe, S. 59



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