Hugo Rahner: Die Märtyrerakten des zweiten Jahrhunderts. Herder 1953

Die antiken Berichte der Märtyrer der ersten Stunden sind in ihrer Schlichtheit und Simplizität berückend. Ein Ja ist ein Ja, ein Nein ist ein Nein.

Hugo Rahner, Der Kirchenhistoriker und Bruder des berühmten Karl, hat die sogenannten Märtyrerakten des 2. christlichen Jahrhunderts zusammengestellt. Einiges davon findet sich in der „Bibliothek der Kirchenväter“, so das Martyrium des Ptolemaios und des Lucius.

Und zwar machte er die Sache so: Er war befreundet mit dem Hauptmann, der den Ptolemaios verhaften mußte. Diesen beschwätzte er dazu, dem Ptolemaios nach der Verhaftung nur eine einzige Frage vorzulegen: „Bist du ein Christ?“ Nun liebte Ptolemaios die Wahrheit über alles, in seinem Herzen war nicht List und Lüge. Frank bekannte er: „Ja, ich bin ein Christ!“ Da ließ ihn der Hauptmann in Fesseln werfen, und im Kerker folterte man ihn lange. Schließlich wurde der arme Mensch dem Stadtpräfekten Urbikus vorgeführt. Aber auch hier legte man ihm nur die eine Frage vor: „Bist du ein Christ?“ Ptolemaios ließ nun an seinem Geiste all das Edle vorüberziehen, das er der Lehre Christi verdankte, und dann bekannte er noch einmal, in diesem Glauben göttliche Tugend gelernt zu haben. Denn wer immer (so meinte er) etwas ableugnet, tut dies, entweder weil er die Sache innerlich bereits verurteilt hat, oder aber er weicht einem offenen Bekenntnis aus, weil er sich der Sache für unwürdig oder nicht gewachsen erachtet. Beides aber kommt für einen wahren Christen nicht in Frage.

Nun ließ ihn Urbikus zur Hinrichtung abführen. Da sagte ein Mann namens Lucius, der auch, ein Christ war und dieses ungerechte Urteil mit anhörte, zu Urbikus: „Wo bleibt die gesetzliche Grundlage für so etwas? Dieser Mann ist kein Ehebrecher und kein Hurer, er hat niemand umgebracht, ist kein Straßenräuber und kein Dieb, er hat überhaupt nichts gegen die Gesetze verbrochen, nichts hat man ihm nachgewiesen. Er hat sich einzig zu der Namensbezeichnung ,Christ` bekannt. Und so einen Mann verurteilst du zum Tod! Urbikus, deine Rechtsprechung ist nicht nach dem Sinn des Kaisers Pius, seines weisheitsliebenden Sohnes und des heiligen Senates!“ Aber Urbikus würdigte ihn keiner Antwort, sondern fragte ihn nur: „Mir kommt vor, auch du bist ein Christ?“ Lucius gab zur Antwort:

„Jawohl!“ Alsbald ließ Urbikus auch ihn zum Tod abführen. Und Lucius erklärte ihm: „Ich muß dir dafür Dank wissen, denn so befreist du mich aus der Hand irdischer Despoten, und ich darf heimgehen zum Vater, dem Kaiser im Himmel!“

– Märtyrerakten, Martyrium des Ptolemaios und des Lucius

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