Die Thurmairs haben ein beachtliches Werk christlicher Poesie hinterlassen, das in Deutschland vor allem durch das Gotteslob bekannt ist. Im alten Gotteslob von 1975 hatte Maria-Luise 44 Lieder stehen und ihr Mann Georg 21.
Die Übertragung des Veni Sancte Spiritus von Maria-Luise Thurmair war eines ihrer schönsten Stücke, im alten Gotteslob unter Nr. 349:
Komm, o Tröster, Heilger Geist,
Licht, das uns den Tag verheißt,
Quell, der uns mit Gaben speist,komm, und lindre unsere Last,
komm, gib in der Mühsal Rast,
komm, sei bei uns Armen Gast.
Das Bändchen der „Liebesgespräche“ druckt die Gedichte ab, die sich die beiden Verlobten und dann Verheirateten zwischen 1940 und 1945 zuschickten.
Einiges davon darf hier zitiert werden, zunächst Georg Thurmair:
Warum schweigst du, liebe Stimme,
warum ist dein Herz so stumm;
nicht in Liebe, nicht im Grimme
singest du, warum, warum?
Was kann diese Welt bewegen,
das den Geist zum Schweigen bringt;
was kann unser Herz erregen,
daß es nicht mehr liebt und singt?
Glaube mir, in allen Nöten
bleibt das Lied dem Herzen treu;
niemand kann es in uns töten,
jeder Atem schafft es neu;
immer wieder steigt belebend
mit dem Lied die Hoffnung auf,
immer wieder sich erhebend
aus erschüttertem Verlauf.
Siehe, alles regt sich wieder,
wenn ein Lied die Welt durchdringt;
unzerstörbar sind die Lieder
und unsterblich, der sie singt.
Singen sollst du, Stimme, klingen,
bis der Engel dich enthebt,
um mit ihm dann aufzusingen,
daß der Himmel Gottes bebt.
– Georg Thurmair, Warum schweigst du, in: Liebesgespräche im Krieg, S. 17-18.
Die beiden folgenden Gedichte sind von Maria-Luise Thurmair und tragen das Siegel des Krieges.
Spät in der dunklen Kammer
fiel es in meine Hand,
das Kreuz, das du voll Jammer
nahmst von der toten Wand
und trugst an deinem Leibe
wider Gefahr und Tod –
nun gabst du’s deinem Weibe
in deiner Liebe Not –Mir aber hängt’s als Zeichen
vor unserm dunklen Jahr,
dem dreimal schmerzensreichen,
das dreimal selig war –
Wie bin ich dir begegnet,
wie wurden wir getrennt,
gekreuzigt und gesegnet
in diesem Sakrament –Hob sich auf dunklem Grunde
der Trennung und der Not
nicht wie mit lichtem Munde
der ausgespannte Gott?
Je tiefer wir uns banden
in seinem Todesschmerz,
ach, um so tiefer fanden
wir eins des andern Herz…Was werde ich dir reichen,
– Maria-Luise Thurmair, Russisches Kreuz, in: Liebesgespräche im Krieg, S. 23-24.
wenn du mir wiederkehrst?
Ach, dieses Kreuzes Zeichen,
in dem du mir gehörst,
dazu mein ganzes Wesen,
das dich im Kreuz erkennt:
Ja, Gott wird uns erlösen
in unserm Sakrament.
Wollst ihm auch gnädig zeigen
dein leuchtend Angesicht,
wenn sich der Tag will neigen
und kühl die Nacht einbricht:
dann laß ihn tief erschweigen,
was nur in Zeichen spricht,
und gib dich ihm zu eigen
im klaren Sternenlicht.
Denn die du riefst ins Leben
nach deiner Göttlichkeit,
sie haben preisgegeben
den Geist, dem sie geweiht;
und stumpf wie Tiere kleben
sie nun im Schlamm der Zeit:
nicht einer will sich heben
aus der Verlorenheit –
Wie ist in Haß und Grauen
erstarrt dein Ebenbild,
dein Antlitz, klar zu schauen,
so bitterlich verhüllt…
O wasserlose Auen,
daraus kein Tropfen quillt:
wie können Tränen tauen
aus so versteintem Bild?
Enthülle ihm in Güte
dein leuchtend Angesicht,
in einer kleinen Blüte,
im milden Sternenlicht;
weis ihm ein stilles Liede,
ein Lächeln, sanft und schlicht,
ein einfältig Gemüte,
das ihm den Segen spricht.
– Maria-Luise Thurmair, Completorium für den Geliebten im Felde, in: Liebesgespräche im Krieg, S. 30-31.