Mechthild von Magdeburg: „Das fließende Licht der Gottheit“ und Kommentar von Gerhard Wehr. Marix 2010

Nachdem im Kloster Helfta einige heilige Frauen in mystische Verzückung gerieten, wurde in der Nachbarschaft, in Eisleben, Martin Luther geboren. Das anhaltinische Land muss einmal von besonders religiösem Geist gewesen sein, der weit hinausstrahlte.

Mechthild ist die große Meisterin der göttlichen Schau im 13. Jahrhundert: das Licht fließt und man kann aus ihren erleuchteten Worten bis heute einige Weisheit und Gottesliebe erfahren.

Gott liebkost die Seele um sechs Dinge


Du bist Mein Lager-Kissen. Mein Bette der Lust. Meine heimlichste Ruhe. Mein tiefstes Verlangen. Mein höchster Ruhm. Du bist eine Lust Meiner Gottheit. Ein Trost Meiner
Menschheit. Ein Bach Meinem Brande.


Die Seele preist wiederum Gott um sechs Dinge


Du bist mein Spiegel-Berg. Meine Augen-Weide. Ein Verlust meiner selber. Ein Sturm meines Herzens. Ein Sturz und eine Ohnmacht meiner Gewalt. Meine höchste Sicherheit.


Vier Streiter Gottes


O Taube ohne Galle! O unversehrte Jungfrau! O Ritter ohne Wunden! O unverzagter Knecht! — Das sind die Vier, die Gott bei seinem Streite Wohlgefallen.

Die Seele lobt Gott um fünf Dinge


O Kaiser aller Ehren! O Krone aller Fürsten! O Weisheit aller Meister! O Geber aller Gabe! O Löser aller Gefängnisse! Was will Gott Dir geben? — O Jungfrau! was will Dir Gott denn geben? Er will Dir ein schöner Jüngling sein und himmlischen
Reigen mit Dir treten.

– Mechthild von Magdeburg: Das fließende Licht der Gottheit, Übertragung von Sigmund Simon, 1907

Online ist der übertragene Text hier zu finden (denn im Mittelhochdeutschen ist er höchstens Experten zugänglich).