Rudolf Linge: Das Leben ist reicher. St. Benno 1962

Der in Oslo lebende Oberstaatsanwalt Dr. Lars Hansen hat viel erreicht: Wohlstand, gesellschaftliches Ansehen, berufliche Erfolge und eine Jagdhütte an einem idyllischen Fjord für die Stunden der Erholung lassen keinen Grund zur Klage. Eigentlich. Doch dann gerät sein geruhsames Leben durch eine Begegnung ins Wanken, die ihn mit einer lang verdrängten Tat aus der Vergangenheit konfrontiert. Eine Verkettung von Ereignissen wird ausgelöst, an deren Ende ihn eine vergessen geglaubte Schuld auf brutale Weise einholt, woran er beinahe zerbricht. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen und so entdeckt Hansen schließlich am Abgrund seines Daseins, in den Tiefen des norwegischen Waldes, unvermutet und geradezu widerwillig, dass das Leben mehr zu bieten hat, und Erfüllung, Sinn und Gnade auf ihn warten, und zwar an Orten, an denen er dies nicht erwartet hätte. Und langsam öffnet sich seine Seele für Gott.

Das Leben ist reicher, der erste Roman des Eichstätter Schriftstellers Rudolf Linge (1921-1986), ist erstmals 1962 in der Buchreihe „Katholische Dichter unserer Zeit“ des St. Benno-Verlages erschienen. Auch wenn die Erzählung vielleicht nicht das Format großer Weltliteratur erreichen mag, so lohnt sich doch eine Wiederentdeckung, nicht zuletzt aufgrund der ehrenwerten Absicht des Verfassers:

Denn man schreibt ja nicht um des Schreibens willen! Eine jede Gabe ist Aufgabe. Wenn man aber als Christ die Feder zur Hand nimmt, steht man vor der Aufgabe, die Welt und das Leben auch mit den Augen eines Christen zu sehen. Das aber heißt, die Welt und ihre Dinge transparent werden zu lassen, damit Gott in ihnen sichtbar wird. Denn das Heilige ist in der Welt! Es gilt nur, den Blick darauf zu lenken und es zu erkennen, besonders im Kleinen, Unscheinbaren unseres alltäglichen Lebens. Die Jahre menschlicher Bewährung brachten mir die Erkenntnis, daß mein Leben nur insoweit ein erfülltes Leben ist, als ich es für Gott verwendet habe.

Rudolf Linge: Das Leben ist reicher. St. Benno 1962, S. 178, aus dem Nachwort von Herbert Gorski