Seit 1917 schlagen die Erscheinungen der Gottesmutter in Fatima alle möglichen Menschen in ihren Bann. Sie beeindrucken in ihrer Gewalt: die Sonne wirbelt über die Erde hinweg und die Hölle zeigt ihren Schlund. Sie faszinieren in ihrer mütterlich strengen Pädagogik mit den Hirtenkindern, die erst vom Engel, dann von Maria selbst zu beten gelehrt werden. Sie faszinieren gnostisch mit dem Mythos ihrer drei Geheimnisse, die offenbart oder verheimlicht wurden, wie gerne geflüstert wird.
Die ganze, wahrlich welt-bewegende Geschichte wurde im wesentlichen von einer einfachen Frau erzählt, Lucia dos Santos, Hirtenmädchen, die später Karmelitin wurde. Sie selbst ist völlig schlicht und unbeeindruckt, während der Rummel aus Fatima einen Mythos macht. Umso wahrhaftiger ist Lucias Erzählung.
Wir blickten nach oben und sahen dann jene Gestalt, von der ich schon erzählte, über den Olivenhain auf uns zukommen. Jacinta und Francisco hatten sie noch nie gesehen, noch hatte ich ihnen von ihr erzählt. Wie sie sich uns näherte, konnten wir ihr Aussehen erkennen: Ein Jüngling von 14 bis 15 Jahren, weißer als der Schnee. Die Sonne machte ihn durchsichtig, als wäre er aus Kristall. Er war von großer Schönheit.
Als er vor uns stand, sagte er: Habt keine Angst! Ich bin der Engel des Friedens! Betet mit mir! Auf die Erde niederkniend beugte er seine Stirn bis zum Boden und ließ uns dreimal diese Worte wiederholen:
Mein Gott, ich glaube an Dich, ich bete Dich an, ich hoffe auf Dich, ich liebe Dich. Ich bitte Dich um Verzeihung für jene, die an Dich nicht glauben, Dich nicht anbeten, auf Dich nicht hoffen und Dich nicht lieben.
Danach sagte er sich erhebend: So sollt ihr beten, die Herzen Jesu und Mariens erwarten eure flehentlichen Bitten.
Lucia, Schwester Lucia spricht über Fatima, 9. Aufl., S. 82 f.
Einmal kamen zwei Priester, um uns zu befragen. Sie empfahlen uns, für den Heiligen Vater zu beten. Jacinta fragte, wer der
Lucia, Schwester Lucia spricht über Fatima, 9. Aufl., S. 52
Heilige Vater sei, und die Priester erklärten uns, wer er ist, und wie sehr er der Gebete bedürfe. Jacinta behielt eine so große
Liebe zum Heiligen Vater, daß sie immer, wenn sie Jesus ihre Opfer anbot, hinzufügte «und für den Heiligen Vater». Am Ende
des Rosenkranzes betete sie immer drei «Gegrüßet seist Du Maria» für den Heiligen Vater und einige Male sagte sie:
– Wenn ich doch den Heiligen Vater sehen könnte. Es kommen so viele Leute hierher, aber der Heilige Vater kommt niemals! In ihrer kindlichen Unschuld glaubte sie, der Heilige Vater könne diese Reise wie andere Leute machen.
Ich halte mich nicht damit auf, die Erscheinung vom 13.Mai zu beschreiben. Sie ist Eurer Exzellenz gut bekannt, und so wäre die Zeit verloren, die ich dafür aufwenden würde. Auch ist Eurer Exzellenz die Art und Weise bekannt, wie meine Mutter sich nach dem Ereignis erkundigte, und wie sie sich bemühte, mich zu dem
Lucia, Schwester Lucia spricht über Fatima, 9. Aufl., S. 87 f.
Geständnis zu zwingen, daß ich gelogen hätte. Die Worte, die die Heiligste Jungfrau an diesem Tag zu uns sprach, und die wir niemandem je verraten wollten, lauteten (nachdem sie uns gesagt hatte, daß wir in den Himmel kämen):
– Wollt ihr euch Gott anbieten, alle Leiden zu tragen, die Er euch schicken will, als Akt der Wiedergutmachung für die Sünden,
durch die Er beleidigt wird und als Bitte um die Bekehrung der Sünder?
– Ja, wir wollen es – war unsere Antwort.
– Ihr werdet also viel zu leiden haben, aber die Gnade Gottes wird eure Stärke sein.