
In den Himmel dringt man immer tiefer ein, entdeckt immer mehr von seiner Pracht, seinen Farben, seinen Bewohnern (den geretteten Seelen), so wie im Paradies in den „Chroniken von Narnia“ (die hier noch keinen Artikel haben, aber kommt bald).
Und in diesen Himmel stellt C. S. Lewis in der „Grossen Scheidung“ ein paar Leute aus der Unterwelt hinein, die sich dort zu Himmelsbewohnern mausern können – wenn sie wollen. Wer aus der Unterwelt hinaufkommt ist zunächst nicht mehr als ein Schatten. Fest, greifbar und real sind nur die Dinge der Himmelswelt.
Einige Himmelsbewohner kommen hinzu, um den Schatten als Geburtshelfer zur himmlischen Festigkeit zu verhelfen, d.h. sie von sich selbst zu lösen. Ein Zirkusclown tritt auf – eine verbissene Mutter, ein Maler und ein Theologe und viele mehr. Lewis ist – wie überall und vor allem wie in den Dienstanweisungen ein überragender Seelenkenner und Gottesmann. (Mehr von Lewis übrigens hier.)
Ein Schatten kommt sogar mit seinem Dämon in den Himmel. Um ihn kümmert sich ein Erzengel höchstpersönlich:
Ich sah einen Schatten auf uns zukommen, der trug etwas auf seiner Schulter. Wie alle Schatten war er unsubstantiell, aber sie unterschieden sich voneinander wie Rauch. Einige waren weißlich, dieser aber dunkel und ölig. Was da auf seiner Schulter saß, war eine kleine rote Eidechse, und sie schlug mit ihrem Schwanz wie mit einer Rute und wisperte allerlei in sein Ohr. Als wir seiner ansichtig wurden, wandte er seinen Kopf mit einem un-geduldigen Zischlaut dem Reptil zu. Maul halten, gefälligst! sagte er. Er hörte zu zischen auf und lächelte. Dann kehrte er sich um und hinkte davon, westwärts, fort von den Bergen.
„Du gehst schon?“ sagte eine Stimme. Der Sprecher war mehr oder weniger menschlich seiner Gestalt nach, aber größer als ein Mensch und so glänzend, daß ich ihn kaum ansehen konnte. Seine Gegenwart schlug auf meine Augen und meinen ganzen Körper [denn Hitze strahlte von ihm aus zugleich mit dem Licht] wie die Morgensonne am Beginn eines tyrannischen Sommertages.
„Ja, ich gehe“, sagte der Schatten. „Vielen Dank für all Ihre Gastlichkeit. Aber, wie Sie sehen, es hat keinen Zweck. Ich habe diesem kleinen Burschen hier gesagt“ [er deutete auf die Eidechse], „er würde ruhig zu sein haben, wenn er mitkommen wollte und darauf bestand er. Selbstverständlich paßt sein Gerede nicht hierher; das sehe ich ein. Aber er hört nicht auf. So werde ich eben nach Hause gehen müssen.“
„Möchtest du, daß ich ihn zum Schweigen bringe?“ fragte der flammende Geist – ein Engel, wie ich jetzt begriff.
„Dann werde ich ihn töten“, sagte der Engel und tat einen Schritt vorwärts.
„Oh-ah Sehen Sie sich vor! Sie verbrennen mich. Nicht so nah heran!“
„Du willst ihn nicht töten lassen?“
„Sie haben zuerst nichts von töten gesagt. Es war wirklich nicht meine Absicht, Sie mit etwas so Drastischem zu behelligen.“
„Das ist das einzige Mittel“, sagte der Engel, dessen feurige Hände dem Reptil ganz nah waren. „Soll ich es töten? Erlauben Sie, das ist eine weitere Frage. Ich bin durchaus bereit, sie in Betracht zu ziehen, aber das ist ein anderer Punkt, nicht wahr? Ich meine, für den Augenblick dachte ich nur daran, es zum Schweigen zu bringen, weil hier oben – nun, es ist so verdammt peinlich.“
„Darf ich es töten?“
„Aber es ist doch Zeit, darüber noch später zu sprechen.“„Es ist keine Zeit. Darf ich es töten?“
„Aber bitte, ich wollte doch nicht derart lästigfallen. Bitte wirklich – bemühen Sie sich nicht. Sehen Sie, es ist schon ganz von selbst eingeschlafen. Jetzt wird die Sache schon in Ordnung gehen. Tausend Dank.“
„Darf ich es töten?“
„Offen gesagt, ich glaube, es besteht nicht die geringste Notwendigkeit. Ich bin sicher, jetzt werde ich imstande sein, es zur Raison zu bringen. Der allmähliche Prozeß, denke ich, wäre viel besser, als es zu töten.“
„Der allmähliche Prozeß nützt gar nichts.“
„Meinen Sie wirklich? Schön, ich werde, was Sie da gesagt haben, sorgfältig überdenken…“– Lewis: Die grosse Scheidung. S. 105f.