Mit gefesselten Händen schrieb Alfred Delp (1907-1945), Jesuit und NS-Märtyrer, in der Advents- und Weihnachtszeit 1944/45 seine Gedanken und geistlichen Reflexionen auf, die zwei Jahre nach seiner Hinrichtung unter dem Titel „Im Angesicht des Todes“ veröffentlicht wurden und als katholisches Pendant in einem Atemzug mit den Aufzeichnungen des evangelischen Theologen Bonhoeffers genannt werden können. Sie verströmen den Geist der Freiheit und des Friedens, der Hoffnung und der Freude, trotz den äußeren Bedingungen der Haft, und sind gerade deshalb kein billiger Trost, sondern ernstes und geschenktes Vertrauen unter den Bedingungen der Prüfung. Gerade in der Situation des Verlustes der äußeren Freiheit kann der Priester Delp erfahren, was Advent, was Warten auf die Erlösung bedeutet.
So reflektiert er in einem Tagebucheintrag vom 28.12.1944:
Das Leben ist so ungeheur plastisch geworden in diesen langen Wochen. […] Vor allem aber ist Gott so viel wirklicher geworden. Vieles, was ich früher gemeint habe, zu wissen und zu glauben, das glaube und lebe ich jetzt.
So z.B.: Wie habe ich doch früher die Worte von der Hoffnung und dem Vertrauen im Mund geführt. Jetzt aber weiß ich aus Erfahrung, dass ich so dumm und töricht war wie ein Kind. Um wie viel Kraft und Tiefgang habe ich mein Leben, um wie viel Fruchtbarkeit meine Tätigkeit und um wie viel Segen meine Mitmenschen betrogen, weil ich nicht genug fähig war, Gottes Wort vom Vertrauen, das ihn ruft, einfach und herzlich und ehrlich ernst zu nehmen. Der Glaubende, der Vertrauende, der Liebende: Das erst ist der Mensch, der die Dimensionen des Menschseins ahnt und die Perspektiven Gottes sieht.
Andreas R. Batlogg und Richard Müller (Hrsg.): Alfred Delp. Im Angesicht des Todes. Echter 2007. S. 48
Hingerichtet wurde Alfred Delp am 2. Februar 1945, an Mariä Lichtmess, nachdem er seine letzte heilige Messe zelebriert hatte.
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