Charbel ist der Heilige des Libanon schlechthin und der ganze christliche Libanon pilgert zu seinem Grab, an dem Wunder über Wunder geschehen, jedenfalls alle Maroniten, also die katholischen Libanesen. Von Görlich stammt die deutsche Biografie des Heiligen, bereits über 50 Jahre alt und doch immer wieder neu aufgelegt.
Das Leben Charbels scheint dort auf als das, was es ist: eine unerbittliche Askese gegen sich selbst, ohne Kompromisse, die vielleicht ihr Pendant allein beim berühmten französischen Pfarrer von Ars hat.
P. Charbel Makhlouf wurde sofort nach der Priesterweihe aus Kfifane in das Mutterkloster zurückgerufen. Er verweilte nunmehr volle sechzehn Jahre in der Gemeinschaft seiner Mitbrüder und war als einer von ihnen den Regeln des Ordens streng ergeben, demütig und bescheiden. Sein Gebetsleben und seine Selbstverleugnung überschritten das durchschnittliche Maß eines Mönches. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen war es, in der Kapelle des Klosters vor dem Allerheiligsten Altarssakrament zu knien und, in Betrachtung versunken, den Ewigen Schöpfer anzubeten, der sich hier in Brotsgestalt seinen Kindern zeigte. Seine Abkehr von der Welt war so vollkommen, dass er sich sogar weigerte, seine nächsten Angehörigen zu sehen, weil er fürchtete, durch derartige Besuche von Gott abgelenkt zu werden. Als ihn einmal seine leibliche Mutter besuchte, ließ er sich bei ihr entschuldigen und sprach nur wenige Worte durch die Kapellentür, ohne sie zu sehen oder sich ihr zu zeigen. „Bist du es, mein Sohn, der mich nicht sehen will?“, klagte damals die arme Frau. P. Charbel Makhlouf antwortete: „Wenn es Gottes Wille ist, werden wir uns im Himmel in alle Ewigkeit sehen.“
Görlich (2019): S. 64