Joseph Ratzinger hat es sich als Papst Benedikt nicht nehmen lassen, seine große Jesusbiographie in drei Bänden zu verfassen. Der dritterschienene Band ist der Kindheit des Herrn gewidmet. Das ganze Buch gibt es hier kostenlos im Internet.
Im Kindheitsbuch durchleuchtet Benedikt XVI. alles, was zum Kommen Jesu gehört: die Verkündigung an Maria und die Rolle von Johannes, die Geburt in Bethlehem und der Stern über Bethlehem. Man wird beim Lesen klüger und der Glaube wächst. Nur ein Beispiel – die Auslegung zur Krippe:
Die Futterkrippe verweist – wie gesagt – auf Tiere, für die sie Nahrungsstätte ist. Im Evangelium ist hier von Tieren nicht die Rede. Aber die gläubige Meditation hat in ihrem Zusammenlesen von Altem und Neuem Testament sehr früh diese Lücke ausgefüllt, indem sie auf Jes 1,3 verwies: Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“Peter Stuhlmacher weist darauf hin, dass wohl auch die griechische Version von Hab 3,2 mit hereinspielt: Inmitten zweier Lebewesen wirst du erkannt werden… Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du erscheinen“ (a. a. O., S. 52). Mit den zwei Lebewesen sind offenbar die zwei Cherube gemeint, die nach Ex 25,18-20 auf der Deckplatte der Bundeslade die geheimnisvolle Anwesenheit Gottes anzeigen und verbergen. So würde die Krippe irgendwie zur Bundeslade, in der geheimnisvoll geborgen Gott unter den Menschen ist und vor der für Ochs und Esel“, für die Menschheit aus Juden und Heiden, die Stunde der Erkenntnis Gottes gekommen ist.
Ratzinger, Jesus. Kindheitsgeschichten, S. 78-79
Der Papst und Lehrer bleibt ein Meister der christlichen Synthese. In den Jesus-Büchern liest er die historisch-kritische Jesus-Theologie aus der Perspektive des Glaubens und macht alles fruchtbar zur Vertiefung der Kenntnis des Herrn. In seinen Worten:
Hier habe ich nun im Dialog mit vergangenen und gegenwärtigen Auslegern versucht, das zu interpretieren, was Matthäus und Lukas am Beginn ihrer Evangelien von Jesu Kindheit berichten. Zu rechter Auslegung gehören nach meiner Überzeugung zwei Schritte. Zum einen ist zu fragen, was die jeweiligen Autoren in ihrer Stunde mit ihrem Text sagen wollten – die historische Komponente von Exegese. Aber es reicht nicht aus, den Text in der Vergangenheit zu belassen und ihn so im Gewesenen abzulegen. Die zweite Frage des rechten Auslegers muss lauten: Ist das Gesagte wahr? Geht es mich an? Und wenn, wie? Bei einem Text wie dem biblischen, dessen letzter und tiefster Urheber nach unserem Glauben Gott selber ist, ist die Frage nach der Gegenwart des Vergangenen unweigerlich ein Teil der Auslegung selbst. Der Ernst der historischen Suche wird damit nicht eingeschränkt, sondern erhöht.
Ratzinger, Jesus. Kindheitsgeschichten, S. 9
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