Fjodor Dostojewskij: Die Dämonen. Anaconda 2021

Die Dämonen (alternativ sind auch Böse Geister, Die Teufel oder Die Besessenen gebräuchlich) heißt das prophetische Werk des russischen Autors Fjodor Michailowitsch Dostojewskij über den Zustand des politischen und sozialen Lebens im vorrevolutionären Russland des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Auf den knapp 930 Seiten der Anaconda-Ausgabe von 2021 zeichnet der Autor ein erschütterndes Panorama der geistigen Zerrüttung und des moralischen Verfalls in den Köpfen der vom Glauben abgefallenen und nihilistisch gewordenen russischen Jugend und jener „Junggebliebenen“, derer sich die Weltgeschichte oft wenig positiv erinnert.

Die zentral stehende russische Provinzstadt, ein wohl eigentlich sehr langweiliger Ort, wird nicht nur Schauort für tief verwurzelte Verschwörungen, Mord und Brandstiftung, sondern eben auch das klare Spiegelbild einer Gesellschaft, die ihre geistigen Fundamente verloren und durch idiotische, oft nicht sehr kluge, Ideologie oder sogar einen blanken Zerstörungswillen ersetzt hat. Eine mörderische Gruppe von jungen „Revolutionären“ sammelt sich um Pjotr Werchowenskij, noch intriganter als amoralisch und selbstverliebt, aber doch eigentlich nutzlos, und den launisch-nihilistischen Sohn einer vermögenden Witwe, Nikolai Stawrogin.

Werchowenskis Lüge, ein tausendstel Teil einer über das ganze Land gespannte Untergrundbewegung zu sein, die sich wie ganz Europa auf die bevorstehende Weltrevolution vorbereiteten würde, ermöglicht einen Blick in die Seele des Unglücklichen: Dieser Taugenichts malt sich dabei aus, durch die Hilfe seines Mitverschwörers Stawrogin und die bevorstehenden Unruhen der Revolution (sie kamen ja, aber erst viel später) für das arme und bedrängte Volk zu einem echten Heilsbringer zu werden.

„Das ist in Etwa wie in der Religion: je schlechter es einem Menschen im Leben geht, oder je unterdrückter und ärmer ein ganzes Volk ist, um so eigensinniger träumt es von der Belohnung im Paradiese, und wenn dann noch hunderttausend Geistliche sich alle Mühe geben, die Träumerei anzufachen, die sie zu ihren Spekulationen benötigen, … ich verstehe Sie vollkommen“

Machtgier und Selbsttäuschung sind das Pulverfass der vielen dämonischen Revoluzzer, Heilssehnsucht und messianische Selbstabsichten in einer Welt des umgestülpten Religiösen treiben ihre Anführer.

Dostojewski Dämonen ist auf der Oberfläche ein prophetischer Roman über die politischen Ereignisse der Rus in ihrer Oktoberrevolution, der sogar ihre Todesfolgen fast auf die Millionenzahl korrekt vorhersagt. Doch wie sich aller Konflikt eventuell im Theologischen wiederfindet, so wird auch dieses Werk des großen Russen zu einem geistlichen Drama über den Fehlgebrauch menschlicher Freiheit, die sich von der Wahrheit getrennt hat. Dostojewskis literarische Personenstudie findet mit diesem Werk wohl auf den Grund der ausgebrochenen Natur des Menschen, verstreut aber auch die Steinchen für einen gelingenden Rückweg.