Franz Werfel: Barbara oder Die Frömmigkeit. Fischer 1996

Die Welt dreht sich, das Kreuz steht fest. So drehen und winden sich die politischen Kräfte im Österreich des Ersten Weltkriegs in allen sozialen Schichten in Werfels Roman. Darin steht nur eine still, die fromme Barbara, die tschechische Bedienstete. Doch die eigentliche Schlüsselfigur ist deren Sohn Ferdinand, der aus dem Schatten der gütigen Mutter nie hervorkommt.

„Ist sie also die Verkörperung der »Frömmigkeit«?“, fragt Ernst Weiß. „Fast könnte es so scheinen beim ersten Lesen des Werkes. Aber sie ist zu glücklich in ihrem Glauben, um – so paradox es klingt – wahrhaft fromm zu sein. Denn Heilige sind nicht die leichthin Glücklichen im Glauben, sondern Kämpfende um den Glauben sind es, Schwankende, Zweifelnde, endlich Obsiegende, der Versuchung Widerstehende. Heiliger ist, wer an sich nach Art der »Versuchung des heiligen Antonius« des Flaubert das ganze grandiose, lust- und schaudervolle Weltgebäude in seiner Universalität von der unbegreiflichsten Qual bis zur unbegreiflichsten Seligkeit an sich vorüberwandeln lassen kann und der dann am Morgen nach der von Versuchungen ungeheuerlich bedrängten Nacht nur neu gestärkt in seinem Glauben aufstehen kann. Dieses »am Morgen nach einer von Versuchungen ungeheuerlich bedrängten Nacht in seinem Glauben neu gestärkt Aufstehen«, das trifft aber viel eher zu auf den jungen Ferdinand. Barbara ist also der praktische Sinn, die Ordnung, auch im Himmelreich auf Sauberkeit bedacht, die irdische Liebe, zur rechten Seite des ewigen Quells, Ferdinand aber ist der Träger der himmlischen Liebe, die an allen irdischen, fleischlichen Glückseligkeiten sich nicht satt essen kann.“

Von Franz Werfel gibt es natürlich mehr auf ad-fontes.org und zwar hier. Und in die Best-of-Liste christlicher Romane hat er es freilich auch geschafft, jedoch nicht mit Barbara, sondern mit dem Jeremias-Roman Höret die Stimme.